Mit Zamperl verreisen: Tipps der Tierretter

München · Gefahr bei 20 Grad

Die Transportbox schützt Paula (l.) und Lotte bei Verkehrsunfällen, aber nicht vor Hitze. Dann sind die beiden besser zuhause aufgehoben statt im Auto. Foto: ko

Die Transportbox schützt Paula (l.) und Lotte bei Verkehrsunfällen, aber nicht vor Hitze. Dann sind die beiden besser zuhause aufgehoben statt im Auto. Foto: ko

München · Es ist wohl trügerisch zu glauben, dass Hunde im Auto bei besonders hohen Temperaturen am meisten gefährdet sind, einen Hitzschlag zu bekommen. Laut Birgit Schwarzmann, Veterinärin bei den Münchner Tierrettern, ist das aber gerade nicht der Fall, weil dann auch Hundebesitzer gar nicht so viel mit dem Auto unterwegs seien.

Viel öfter passiere es stattdessen, dass die mobilen Tierärzte von der Jahreszeit her in der Übergangszeit und bei Temperaturen um die 20 Grad zu Notfällen gerufen werden.

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Die Hundebesitzer können dann laut Schwarzmann oft gar nicht einschätzen, wie heiß es tatsächlich im Fahrzeug werde. Zu einem tödlichen Hitzschlag kann es für die Haustiere ganz leicht kommen. Denn Hunde sondern nicht wie Menschen Schweiß über den ganzen Körper ab. Sie können ihre Körpertemperatur nur via Hecheln über die Schnauze und über die Pfotenballen regulieren. Daher sollten sich die Hundehalter von vornherein gut überlegen, ob sie ihren Liebling an manchen Tagen überhaupt im Auto mitnehmen.

Als einfache Faustregel gilt für Tierärztin Schwarzmann, einfach abzuschätzen, ob draußen Temperaturen herrschten, bei denen man auch einen menschlichen Säugling ohne weiteres im Fahrzeug lassen würde. „Wenn ich dann sage, fürs Baby ist es im Auto zu heiß, dann hat mein Hund auch nichts darin verloren.“ Für die Reisezeit jetzt im Sommer gilt überlegt planen. Wenn der Hund in den wohl verdienten Urlaub mit soll, wäre es laut Birgit Schwarzmann gut, an heißen Tagen nachts zu fahren. Prinzipiell sollten Hundebesitzer für den Notfall auf allen Fahrten drei Dinge dabei haben: ein Fieberthermometer, Tücher und Wasser. Denn sollte der Hund tatsächlich einen Hitzschlag erleiden, kann er dann mit nassen Tüchern als Erstversorgung gekühlt werden. Ein Anzeichen für einen Hitzschlag kann schon starkes Hecheln sein. Es folgen Erbrechen und unkontrolliertes Koten und Urinieren. So lange der Hund nur hechelt und erbricht, könne das auch für die harmlosere Reisekrankheit stehen, also Übelkeit durch Autofahren, sagt Schwarzmann.

Das Fieberthermometer gibt hier Aufschluss, ob es sich tatsächlich um einen Hitzschlag handelt: Die normale Körpertemperatur bei Hunden beträgt 38 bis 39 Grad. Bis zu einem Anstieg auf 39,5 Grad ist die Situation laut Birgit Schwarzmann noch unbedenklich. Unternehmen sollten die Tierbesitzer spätestens etwas, wenn das Thermometer 40 Grad zeigt, bei 41 Grad wird es lebensgefährlich, weil das Eiweiß im Körper des Hundes gerinnt. Einen Hitzschlag erkenne man auch an „verwaschenen“, leicht gräulichen Schleimhäuten, sagt Birgit Schwarzmann. Erbricht das Tier und setzt Kot und Urin ab, heißt das, der Körper wehrt sich als Schutzreaktion gegen die Hitze. Ein Kollege, erzählt die Tierretterin, sei im vergangenen Jahr zu einem Bernhardiner mit entsprechenden Hitzschlagsymptomen gerufen worden. „Er hatte keine Chance, den Hund wieder zu beleben, die Körpertemperatur war bei 42 Grad.“

Rechtlich dürfen die Ärzte auch ein Auto nicht einfach so aufbrechen, auch wenn darin ein Tier in Not ist. Dazu brauchen sie das Einverständnis der Polizei, was aber im Ernstfall auch mal per Telefon eingeholt werden kann. Wie viel tatsächliche Fälle von Hitzschlag pro Jahr in München behandelt werden, kann Birgit Schwarzmann nicht genau sagen. Sie schätzt aber, dass zum Thema jedes Jahr zirka 20 Telefonanrufe eingehen, bei denen die Tierretter die Hundebesitzer beraten. Die Tierärztin hat das Gefühl, dass in den vergangenen Jahren immer weniger Hitzschlag-Fälle bei Hunden vorgekommen seien. Anscheinend sei das Bewusstsein für diese Gefahr bei den Hundehaltern gestiegen.

Wer jetzt mit seinem Hund in den Urlaub fahren möchte, sollte neben der richtigen Transporttemperatur auch noch einiges mehr beachten. Hunde brauchen nämlich beim Auslandsaufenthalt nicht nur einen Impfpass, sondern einen Heimtierpass als offizielles Dokument. Die Tollwutimpfung sollte natürlich gültig sein, wobei alle Impfungen für vollen Schutz mindestens einen Monat vor Reiseantritt durchgeführt und nicht älter als ein Jahr sein sollten. Wichtig ist die Zecken- und Flohprophylaxe sowie für Hunde, die ins südliche Europa reisen, eine Mückenprophylaxe.

In den Urlaub sollte laut Birgit Schwarzmann auch ein Erste-Hilfe-Set mit Verbandsmaterial, Zeckenzange, Jod zum Desinfizieren sowie eine kleine homöopathische Apotheke mitgenommen werden. Gegen Reisekrankheit gibt es ein zugelassenes Medikament, Cerenia von Pfizer, das man seinem Hund eine bis zwölf Stunden vor Reiseantritt geben sollte. Für Birgit Schwarzmann gilt darüber hinaus: „Auch der Hund hat Urlaub“. Daher solle man sein Tier zu nichts zwingen und überlegen, ob der eigene Liebling auch Spaß hat oder für ihn genau wie für uns etwa eine Anreise von 24 Stunden nicht auch eine Tortur bedeute...

Von Kirsten Ossoinig

Artikel vom 29.07.2010
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