Albrecht Ackerland über Graffiti

München · Da schau her!

Froh bin ich, dass sich mein Talent zur gestaltenden Kunst in sehr engen Grenzen hält, es reicht noch nicht einmal für unfallfreies Malen nach Zahlen. So habe ich dann auch nie die Bekanntschaft mit der Polizei machen müssen. Falls Sie jetzt fragen: Malen? Vollzugsbeamte? Wieso Strafverfolgung, wenn der Ackerland seinen Senf auf Leinwand schmiert? Oder wäre seine künstlerische Leistung so unterirdisch, dass die Geschmackspolizei mit Handfesseln kommt? Ihnen sei gesagt: Könnte ich malen, ich wäre Sprüher, Graffiti-Maler – und zwar ein Illegaler. So, jetzt ist es raus.

Seit jeher sympathisiere ich mit dieser Kunst, der dieser Hauch von Verbrechen anhaftet. Ja, ich weiß: Viele Hausbesitzer – von der Deutschen Bahn gar nicht zu sprechen – haben ihren großen Ärger mit Graffiti, ein ganz großer Haufen Geld geht für die Reinigung drauf.

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Wir sind zwar schon weit gekommen mit der Akzeptanz, Werke berühmter Straßenkünstler gehen für Hunderttausende bei den großen Auktionshäusern an Sammler, die Werbung bedient sich reichhaltig im Arsenal des Graffiti-Artverwandten wie etwa der Schablonenkunst. Jeder bessere Garagenbesitzer lässt sein Tor von den Nachbarsbuam vollsprühen.

Aber unter uns gesagt: Ich finde in kürzester Zeit bei stockdunkler Nacht vollgemalte S-Bahnen mitunter wirklich schön. Und viel zu selten prangt an den Wänden der Stadt ein Bild von derartiger Qualität, dass das ganze Viertel darüber spricht – und das womöglich in der nächsten Nacht von einem noch besseren Sprayer übermalt wurde. Weiß Gott, woran es liegt, das die Szene schon einmal umtriebiger war. Vollkommen klar, dass Privateigentum nicht einfach nach Gutdünken verschönert werden kann – und irgendjemand das auch schützen muss.

Ich träume von der Zeit, wenn die dann auch in Graffiti ausgebildete Polizei nachts einen Sprayer erwischt, und mit ihm über die Farbwahl diskutiert. Bis es so weit ist, würden mir aber auch schon mehr sogenannte legale Wände reichen – von der Stadt wie von Privateigentümern. Denn, einmal abgesehen von meinem künstlerischen Geschmack: Eine Dose oder ein Filzstift in der Hand eines gelangweilten Jugendlichen ist immer noch wesentlich besser als eine Schnapsflasche. Oder gar ein Messer.

Artikel vom 25.06.2009
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