Albrecht Ackerland über unseren Lieblingsbach

München - Da schau her!

Riech' ich da ein bisserl Wahlkampf? Wäre nun ja nichts gar so Außergewöhnliches – wir haben ein so genanntes Superwahljahr, doch vor lauter Krise bekommt man davon noch kaum etwas mit. Allerdings will das Thema so gar nicht bedeutsam sein für die Bundestagswahl: Die Münchner Grünen fordern, die Isar solle großstädtischer werden. Es hat oft etwas Beeindruckendes, wenn Menschen sich weiterentwickeln.

(Nicht nur) Urlaubsfeeling am Kulturstrand in München

Aber Parteien? Ausgerechnet dann auch noch die Grünen? Eine Partei, die vor bald 30 Jahren angetreten ist, die Umwelt, ja, die Erde zu retten. Wo bleiben die Ideale, wenn die Isar und ihre Ufer bald nun nicht mehr Naturraum sein sollen, sondern großstädtische Bewirtungszone. Aber so sind eben die Zeiten. Bayerns Regierung hat mittlerweile einen Bock als Gärtner, also einen Söder als Umweltminister. Und der Münchner Ortsverband der Umweltpartei will Halligalli am gerade erst naturnah umgestalteten Wasserlauf. Was kommt als nächstes? Die FDP fordert die Verstaatlichung von BMW?

Ohnehin hat die Isar längst eine Tradition als größter Biergarten der Stadt – mit sich selbst versorgenden Gästen. Was ist schöner, großstädtischer und münchnerischer, als an einem schönen Abend mit zwei, drei Halben Bier vom Kiosk an unserem Lieblingsfluss zu sitzen, das Wasser plätschert, von Weitem hört man das Gewummer der so genannten Strandbar auf dem Corneliusbrückenbalkon, die seit ein paar Jahren so tun darf, als sei das Kultur, was dort geschieht. Dabei ist die größte kulturelle Leistung der Betreiber, für das kleine Bier 3,50 Euro zu verlangen. Dann rauscht einem noch ein Ball in Hochgeschwindigkeit um die Ohren, und während man in Deckung geht, fällt eine Bierflasche um, beim Wiederaufheben greift man in einen Hundehaufen, und endlich hat man auch Klarheit, was die ganze Zeit so gestunken hat. Die reinste Idylle eben. Und: großstädtischer geht es eben kaum.

Stimmt aber nicht, großstädtischer geht es eben immer – und zwar im Sinne der Toleranz und Lässigkeit in den Köpfen. Da haben wir alle manchmal ein wenig verlernt, eine Großstadt zu sein. Allein schon deshalb würde ich mich an ein paar Isarplätzen gerne bewirten lassen. Aber bitte aus einer Bretterbude, die nicht drangsaliert wird mit Auflagen und Anwohnerbeschwerden. Die kein kleines Weißbier serviert. Die sich nicht „The Beach“ oder dergleichen nennt. Alles andere ist nun wirklich provinziell. Und vielleicht sogar umweltschädlich.

Artikel vom 16.04.2009
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