Der OB hat genug von den Transrapid-Querelen. München wählt einen neuen Bürgermeister.

Heute das "Aus" für Ude?

Heute abend ab 20 Uhr ist Münchens Ex-OB Christian Ude im Quatsch-Comedy-Club auf ProSieben zu sehen.

Heute abend ab 20 Uhr ist Münchens Ex-OB Christian Ude im Quatsch-Comedy-Club auf ProSieben zu sehen.

Die Nachricht gestern Mittag schlug im Rathaus ein wie eine Bombe: Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) tritt zurück! Er sei die Diskussion über den Transrapid leid, er wolle nicht länger vom Freistaat unterdrückt werden, wolle nicht länger „wie Asterix gegen die Römer kämpfen“ – heißt es aus der Fraktion. So wie es aussieht, wird er sich allerdings nicht aufs Altenteil zurückziehen, sondern seinem Talent als Kabarettist nachgehen – und damit möglicherweise in Kürze seinem Nachfolger im OB-Amt einen Spiegel von den Kleinkunstbühnen der Stadt aus vorhalten.

Ein persönliches Statement Udes war bislang nicht zu bekommen – er wird heute, am 1. April um 20.00 Uhr exklusiv auf dem Sender ProSieben eine Fernseh-Ansprache halten, die live aus seinem Ferienhaus in Griechenland gesendet wird. Udes Nachfolger im OB-Amt wird voraussichtlich Mitte Juni gewählt, bis dahin übernimmt Münchens zweite Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) die Amtsgeschäfte.

Alle waren sie gekommen, als Udes Sprecher Stefan Hauf die Nachricht vom Rücktritt veröffentlichte: Bundestagsabgeordneter Axel Berg hat den erstbesten Flieger aus Berlin genommen, der Chef der bayerischen SPD-Landtagsfraktion Franz Maget hat eine Sitzung im Landtag sausen lassen – mit vielen anderen SPDlern formierten sie gestern Nachmittag einen Krisenstab im Rathaus. „Udes einsame Entscheidung darf nicht dazu führen, dass die Partei kopflos dasteht“, erklärte Strobl gegenüber dem SamstagsBlatt: „Und daher kürten wir nach stundenlanger Diskussion einen Kandidaten für das OB-Amt.“ And the winner is... Alt-OB Georg Kronawitter! „Hätte Christian gewusst, wer sein Nachfolger wird – er hätte sich nicht zurückgezogen“, sagt Strobl. Zum Hintergrund: Früher waren Ude und Kronawitter eng befreundet; seit dem Hochhausentscheid allerdings sind sie nicht mehr gut aufeinander zu sprechen (das SamstagsBlatt berichtete).

Dass der 77 Jahre alte Kronawitter nun einmal mehr zum Zug kommt, könnte am Mangel an Alternativen liegen: Axel Berg könne seine Arbeit in Berlin nicht aufgeben, wie er gestern betonte, Strobl selbst sei zu neu im Geschäft – so ihre Kollegen, und Maget wolle bei der nächsten Landtagswahl Edmund Stoiber vom Thron stoßen.

Der SPD-Pionier Kronawitter war übrigens bereits von 1972 bis 1978 und ein weiteres Mal von 1984 bis 1993 Oberbürgermeister von München. „Entsprechend mag es viele Münchner überraschen, dass wir Herrn Kronawitter nochmals an der Stadtspitze sehen wollen“, sagt Strobl. „Aber er ist ein Top-Mann, er steht für Kontinuität und Kompetenz – und die brauchen wir jetzt.“ Kronawitter selbst sagte zu seiner überraschenden Kür: „Ich fühle mich geehrt und werde mich mit Feuereifer auf meine neue Aufgabe stürzen – der Wahlkampf beginnt: jetzt. Ich freue mich – und dennoch bedaure ich, dass Christian zurückgetreten ist: Ich schätze ihn als Freund und Politiker.“ Am Wahlprogramm werde in den nächsten Tagen gearbeitet, eins jedoch stellte Alt- und vielleicht Neu-OB Kronawitter schon mal fest, dass Kronawitter die OB-Wahl gewinnt: ab der nächsten Amtsperiode wird kein Hochhaus mehr in München stehen.

Auch die CSU erwischte Udes Rückzug eiskalt – auch sie zauberte flugs einen unerwarteten OB-Kandidaten aus dem Hut – Monika Hohlmeier! „Sie hat das Talent ihres Vaters geerbt, sie wird es schaffen, München zur Schwarzen-Hochburg zu machen“, jubelte der CSU-Fraktionsvorsitzende Hans Podiuk. Natürlich hätte die städtische CSU in der Vergangenheit mit Hohlmeier „kleine Meinungsverschiedenheiten“ gehabt: Man habe sich allerdings ausgesprochen (siehe eigenes Interview). Landesvater Edmund Stoiber (CSU) indes lobte Ude als „kompetenten Bürgermeister“ – räumte allerdings ein, erleichtert zu sein, dass er ihm beim Projekt Transrapid keine Steine mehr in den Weg legt. „Herrn Ude hätte ich ja beinahe zugetraut, dass er sich irgendwann auf die Gleise binden lässt, um die Magnetschwebebahn zu stoppen", sagt Stoiber mit einem Grinsen.

Ganz unerwartet kam Udes Ausstieg aus der Politik nicht. Erst jüngst hatte er als Kinostar Erfolge gefeiert – er hatte der Figur Fritz von Vogelwitz im Film „Himmel und Huhn“ seine Stimme geliehen: Wie der Fernsehsender ProSieben gestern mitteilte, wurde bereits in der vergangenen Woche eine Folge von „Quatsch Comedy Club“ mit Ude als Kabarettisten gedreht. Falls er sich seinen Schnurrbart stutzen lasse und künftig auch einmal eine Fliege trage, könne Ude regelmäßiges Mitglied der Quatsch-Sendung werden. Nach Angaben von ProSieben habe man auch überlegt, dem Ex-OB eine eigene Sendung zu geben namens „Ude trifft Ede“: Dort könne er nach Lust und Laune mit dem bayerischen Ministerpräsidenten abrechnen.

Erstmals ist Ude übrigens heute, am 1. April, zu sehen. Um 20.00 Uhr wird sein Abschiedsgruß gesendet, ab 20.15 Uhr wird der EX-OB im „Quatsch Comedy Club“ verkünden, dass der bayerischen Lokalpolitik ein bisschen Spaß nicht schaden kann. Das meinen im Übrigen auch wir: Liebe Leser, nehmen Sie nicht alles bierernst!

Ein Interview zum Thema finden Sie unter Interview mit Hans Podiuk

Eine Umfrage zum Thema finden Sie unter OB Ude tritt zurück – wie finden Sie das?

Weitere Infos zum Thema unter Albrecht Ackerland über Aprilscherze

Artikel vom 01.04.2006
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