Zoologisches Institut päppelt Reptilien und andere Exoten wieder auf

Ein Heim für außergewöhnliche Tiere

Der kleine Skink mit der blauen Zunge frisst am liebsten Gelbe Rüben – und vielleicht schmeckt ihm auch der Kuli von Prof. Rudolf Hoffmann?

Der kleine Skink mit der blauen Zunge frisst am liebsten Gelbe Rüben – und vielleicht schmeckt ihm auch der Kuli von Prof. Rudolf Hoffmann?

Maxvorstadt · »Die Schildkröten-Männchen wollen eigentlich immer...«, schmunzelt Prof. Rudolf Hoffmann mit Blick auf die fein säuberlich nach Männlein und Weiblein getrennten Gehege der griechischen Landschildkröten. Die Liebeslust der Herren nehme nämlich so rabiate Formen an, dass die Schildkrötendamen oft schwere Verletzungen davontrügen, erklärt er.

Tiere in München

Um den Weibchen auf Dauer mehr Ruhe zu verschaffen, wird am Zoologischen Institut der LMU in der Kaulbachstraße 37, dessen Leiter Hoffmann ist, nach hormonellen Abhilfen gesucht.

Eine »chemische Kastration auf Zeit« ist Ziel der Forschung. Etwa die Hälfte der »Patienten« des Zoologischen Instituts sind Schildkröten – allerdings nicht nur die »gewöhnlichen«, zoohandelsüblichen Arten. »Hier haben wir zum Beispiel eine kleine Geierschildkröte«, meint Hoffmann vor einem Bassin, in dem ein knapp ein Meter langes, massiges »Tierchen« träge herumpaddelt. »Sie hat einen messerscharfen Kiefer, mit dem sie schon mal einen Finger abbeißen kann.« Streicheln ist also nicht angesagt.

Inzwischen sei der Handel und die Haltung von Geierschildkröten in Deutschland verboten, so Hoffmann. Doch häufig kämen Tiere ins Institut, die illegal beschafft, unter völlig falschen Bedingungen gehalten und dann von den Behörden beschlagnahmt worden seien. »Klapperschlangen zum Beispiel kann man heutzutage leicht übers Internet erwerben«, weiß der Zoologe.

Er beherbergt ein solches Exemplar zur Zeit im Keller seines Instituts. – Im »Hochsicherheitstrakt«, der durch doppelte, gut abgedichtete Türen, engmaschig verdrahtete Fenster und Abflüsse sowie abgeklebte Terrarien »ausbruchsicher« gemacht ist.

Hier residiert unter anderen eine ganze Familie von mexikanischen Mokassin-Ottern – Vater, Mutter und zwei Kinder, die dem Betrachter hinter der Glasscheibe drohend ihre langen, dünnen Zungen zeigen. Beinahe nebenbei verweist der Zoologe auf »unsere Kollektion von Spinnen und Skorpionen«. In der dunklen Ecke eines großen »Einmachglases«, zum Glück hinter doppelter Verglasung, lauert zum Beispiel eine Schwarze Witwe vergeblich auf Beute.

Viele andere, giftige und gefährliche Tiere sind in ihren Terrarien kaum zu erkennen, weil sie in Form und Farbe ihrer Umgebung angepasst sind, sich in den Boden eingraben oder irgendwo im Halbdunkel verstecken.

Doch das Zoologische Institut beherbergt auch viele harmlose, gutmütige Zeitgenossen, in erster Linie Reptilien und Fische, denen zumeist von ihren Besitzern übel mitgespielt wurde. Wie einem kleinen Blauzungenskink, einer tropischen Echse, die mit ihrer blauen Zunge am liebsten Gelbe Rüben vertilgt – »und vielleicht ab zu eine kleine Maus«, wie Hoffmann hinzufügt. Von kleinen Insekten und Tautropfen ernährt sich hingegen das prominente Jemenchamäleon, das kürzlich nach seiner Beschlagnahme durch die Polizei mit viel Presserummel ins Institut eingliefert wurde.

Nun residiert es in einem gut belüfteten Käfig im Hörsaal des Instituts. »Hier hat es während der Semesterferien seine Ruhe«, meint Hoffmann liebevoll und weist auf den abgemagerten Rücken des Tierchen hin, das von seinem früheren Besitzer völlig vernachlässigt wurde. »Aber es hat sich schon gut erholt bei uns, und wenn die juristische Entscheidung gefallen ist, werden wir sicher bald ein neues Zuhause für das Tier finden.« Es gebe bereits mehrere Interessenten.

Kranke Tiere gesund zu pflegen und gegebenenfalls an neue Halter weiter zu vermitteln, ist eine der Hauptaufgaben des Münchner Zoologischen Instituts. Es besteht seit rund 100 Jahren und ist damit die älteste und größte deutsche Einrichtung zur Erforschung, zur ambulanten und klinischen Behandlung sowie zur anschließenden Pflege von Fischen und Reptilien.

Hier lernen Studenten der Tiermedizin , wo sie einer Echse am besten Blut abnehmen können (am Schwanz nämlich!) und wie man Fische oder andere Wasserbewohner auf dem Trockenen operiert. »Große Krokodile von drei bis vier Metern haben wir hier aber nur zur Operation, nicht zur Pflege«, versichert Rudolf Hoffmann und schmunzelt wieder. Ruth-Maria Eicher

Artikel vom 11.09.2003
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