Da schau her! Albrecht Ackerland berichtet exklusiv im Münchner SamstagsBlatt

München · Albrecht Ackerland über das Sein an der Isar

München · Es wird wohl Altersmilde sein. Anders lässt sich das nicht mehr erklären. Muss ich mir Sorgen machen? Kommt als nächstes die Demenz? Probleme mit der Prostata? Beige Freizeitjacke? Viagra? Mephisto-Schuhe? Grauer Star?

Der grüne Starrsinn jedenfalls bekommt meine volle Bewunderung: Die Isarrenaturierung, so viel lässt sich jetzt schon sagen, ist geglückt! Die Isar vor der Reichenbachbrücke ist mittlerweile gar so zurücknaturiert, dass der Mensch sich an sonnigen Tagen ganz seiner innigsten Bestimmung besinnt: dem Sein.

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Wenn Sie jetzt sagen, ja, hey, das war schon immer so, die Isar, da sind's schon allerweil ummanandagflaggt: Dann regt sich Hoffnung in mir, weil das nahende Greisentum meinerseits wieder etwas weiter flussabwärts rückt. Die Isar: Klar bin ich da als Junger auch schon rumgehangen, hab ein Bier vom Kiosk an der Reichenbachbrücke geholt, noch zu Zeiten, als der Kiosk sich noch erdreistet hat, nicht 48 Stunden am Tag offen zu haben. Und wenn zu war, ja dann sind wir halt zum Isargrill auf einen Schnitzelburger vom Straßenverkauf mit neun Mitnahmebier. Alles in allem immer ein schönes Erlebnis, weil der Betreiber noch nie nicht etwas von einem Schlankheitswahn gehört hatte, was den Fliesen in der Küche offensichtlich geschadet hat.

Der Isargrill war einmal, dem Fraunhofer Schoppenstüberl ist leider auch schon ganz schlecht, und der Kiosk an der Brücke steht mittlerweile in Reiseführern für Abenteuertouristen. Und an der Isar: herrscht Vollbetrieb mit Bademöglichkeit, mir kommt's gar so vor, als hielten die Hünderl ihr Gschäfterl zurück. Der Fluss hat hier ein Läuferl und da ein Läuferl, der Punker redet mit der Edelmutti über Vollwertkost. So viel, so München.

Was mich aber wirklich nachdenklich stimmt, ist, dass mir der ganze Ramsch auf dem 
Isarbalkon an der Corneliusbrücke, liebevoll genannt „Strand“, dass mir diese Massenversorgung mit Becks-Bier dort und all der andere Kultur-Lug so dermaßen wurscht geworden ist. So wurscht, dass ich mir schon Faltencreme besorgt habe gegen das Altern, um mit glatter Haut meinem Projekt für 2011 entgegenzufiebern: Renaturierung meines Hinterhofs. Wer wird bei einem solchen Vorbild nicht schwach. Und ein Bier gibt’s auch: vom Holzfass.

Artikel vom 19.08.2010
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